Anika

Liebe Marlen,

pünktlich zum 5. Geburtstag meiner Großen ist gestern tatsächlich ihr kleiner Bruder geboren. Die Geburt war kurz und total selbstbestimmt (die Hebammen haben eigentlich nur zugeschaut, wie wir beiden das alleine gemacht haben und mich insbesondere in der Endphase ans tiefe Atmen erinnert). Alles bei dir gelernte war sehr wertvoll und hat mir den Prozess unglaublich erleichtert (auch wenn er nicht gänzlich schmerzfrei war). Für diese Bereicherung danke ich dir sehr!

Hier ein paar Details zum Verlauf der Geburt:
Ich hatte schon tagsüber alle 10 Minuten leichte Wellen – wie ein kurzer, starker Periodenschmerz – da ahnte ich schon, dass es sich wohl nicht verhindern lässt, dass der Kleine sich ausgerechnet am Geburtstag seiner Schwester auf den Weg machen wird (für mich eigentlich worst case szenario). Ab 22:30 Uhr waren die Wellen dann schon etwas deutlicher und kamen alle 5-6 Minuten. Sie waren aber noch gut auszuhalten und ich habe die Wellenatmung eher als Übung ein paar Mal angewandt und versucht, mich in den Pausen bestmöglich zu entspannen. Ich wollte es zu dem Zeitpunkt auch nicht wahrhaben, dass es nun wirklich losgeht. Ab ca. 1 Uhr nachts wurden die Wellen dann stärker. Die Wellenatmung kam nun in jeder Welle zum Einsatz und war sehr hilfreich. Die Eröffnungsphase hatte begonnen. Gegen 2:30 Uhr haben wir uns auf den Weg ins Geburtshaus gemacht. Gegen 3 Uhr sind wir dort angekommen. Da ich den Badewannenwunsch vorab geäußert hatte, lief bereits das Wasser ein. Nach kurzem ankommen, Absprachen, Herztöne prüfen etc. bin ich dann kurz vor 4 in die Wanne – und es war soooo angenehm! Es war nicht leicht, eine Position zum veratmen der Wellen zu finden, da sie bald auch kräftiger wurden und der Abstand sich auf 3-4 Minuten verringerte. Aber im Großen und Ganzen kam ich gut zurecht. Manchmal brauchte ich in den Pausen die Ruheatmung oder den Rückzug an den Wohlfühlort zum kraftschöpfen, manchmal hatte ich aber einfach das Bedürfnis, mit meinem Partner zu reden und das erlebte und die Gefühle mit ihm zu teilen. In den Wellen habe ich auch hin und wieder den Regler angewandt und versucht, auf 3 oder 4 zu stellen. Das hat nicht in jeder Welle funktioniert, aber doch erstaunlich oft. Nach etwa 40 Minuten in der Wanne begann die Übergangsphase. Hui, das wurde dann schon unangenehm, die Gewalt der Wellen hat mich ganz schön überrumpelt. Erst dachte ich: ohje, wenn das jetzt die „normalen“ Wellen sind, wie soll dann erst die Übergangsphase werden? Später wurde mir klar, dass ich schon mitten drin bin. Deshalb hatte ich anfangs noch versucht, mit der Atemtechnik fortzufahren, aber schon bald wurde mir klar, dass ich jetzt nur noch irgendwie atmend da durchkommen muss, anders ging es nicht mehr. Nach 20 Minuten kündigten sich schon die ersten Presswehen an, mein Körper begann von sich aus zu schieben. Erst nur sanft am Ende jeder Welle und dann immer eher und mehr. Die gesamte Geburt war retrospektiv übrigens ein einziger Flow – wie eine Leiter, die wir immer höher geklettert sind, bis wir am Ende endlich den schönsten Apfel ernten konnten.
Die Hebammen haben mich die ganze Zeit machen lassen – und übrigens auch kein einziges Mal vaginal geprüft, wie der Stand ist, sondern der Natur und dem Verlauf einfach Vertrauen geschenkt. Sie haben mich animiert, dem Flow zu folgen und mich beim tiefen Atmen unterstützt, damit ich das in den heftigen Wellen zum Ende hin nicht vergesse. Um 5:35 Uhr ist mein Sohn dann zur Welt gekommen – also 2,5h nach unserer Ankunft im Geburtshaus. Wir waren alle überrascht, dass es dann doch so schnell ging. Als der gesamte Körper des Babys mit nur wenigen Wellen geboren war, habe ich ihn mir selbst aus dem Wasser heraus auf die Brust gelegt und war unendlich erleichtert und stolz, dass wir beide das ganz allein und selbstbestimmt so toll gemeistert haben. Was für ein Wunder!Ich hoffe, du kannst die anderen Kursteilnehmer:innen damit motivieren. Grüß sie bitte alle auf jeden Fall ganz lieb von mir. Ich wünsche jeder einzelnen alles Gute für die bevorstehende Geburt und toitoitoi!!

Liebe Grüße aus dem Wochenbett!
Anika

P.S.: Meiner Tochter wird ihr 5. Geburtstag für immer in Erinnerung bleiben. Wer bekommt schon ein Brüderchen geschenkt? Sie hat sogar gescherzt, dass wir ihm eine Schleife umbinden müssten. Auch wenn wir nach dem Aufwachen nicht bei ihr sein konnten (für mich war das die schlimmste Vorstellung), so war sie doch sehr glücklich und stolz. Sie war bestens betreut und pünktlich zum Kindergeburtstag nach der KiTa waren wir ja wieder da. (Den hat natürlich mein Freund gewuppt, während wir uns im Schlafzimmer ausgeruht haben.)