Kirsten

Geburtsbericht über unser Neujahrswunder 

Es war der 31.12.2020 – Silvester. 

Ich war schon vier Tage über dem errechneten Entbindungstermin. Ich hatte mir morgens um halb sieben extra einen Wecker gestellt, um pünktlich um sieben Uhr beim Bäcker sein zu können, um noch Berliner zu holen. Gesagt getan. Auf dem Weg zum Bäcker habe ich schon gemerkt, dass der Weg noch anstrengender als sonst für mich war, aber ich habe nicht viel drüber nachgedacht und bin einfach- wie die Wochen zuvor, im langsamen Tempo losgelaufen. 

Am Nachmittag, so gegen 15 Uhr habe ich dann das erste Mal ein Ziehen im Unterleib gespürt (etwa vorstellbar wie Menstruationsschmerzen). Ich sagte da schon zu meinem Mann „Schatz, ich glaube es ist bald soweit“. Ich hatte aber zuvor Deinen Geburtsvorbereitungskurs gemacht und wusste, dass sich das noch lange hinzuziehen kann. Also blieb ich sehr entspannt und nahm die Schmerzen so hin wie sie kamen. 

Wir verbrachten den Silvester Abend kuschelig zu zweit vor dem TV, mein Mann machte uns noch was leckeres zu essen und um Mitternacht stoßen wir mit Apfelschorle an. Die Wellen wurden zu diesem Zeitpunkt schon etwas stärker aber immer noch recht gut auszuhalten. Dennoch bin ich dann um halb eins ins Bett gegangen, da ich mir noch etwas Schlaf gönnen wollte. In der Nacht wurde ich dann alle halbe Stunde von einer Welle geweckt. Ich habe sie jedes Mal gut weg atmen können und habe so die Nacht recht gut überstanden. 

Am Morgen, so gegen acht Uhr, bin ich dann erstmal unter die Dusche gegangen und hab mich danach direkt wieder aufs Sofa gelegt, da nun doch langsam jede Welle gefühlt immer stärker wurde und ich mich im Liegen am wohlsten fühlte. An diesem Tag hatte ich im Krankenhaus sowieso einen Kontrolltermin und sollte mich telefonisch vorher melden. Ich schilderte der Schwester am Telefon meine Lage und Sie fragte mich, was ich am liebsten tun möchte, bzw. wonach mir denn sei. Ich wollte am liebsten erstmal zu Hause bleiben und abwarten. Die Schwester gab mir Ihr Einverständnis und sagte noch, dass ich mich jeder Zeit wieder melden kann. 

Mein Mann lies mir dann noch eine heiße Badewanne ein, die mir sehr gut tat aber die Wellen wurden dadurch nicht gelindert. Und allmählich wurde mir dann immer klarer, dass ich in der ersten Phase der Geburt steckte. 

Ich schlich dann wieder nach der Badewanne aufs Sofa zurück und verbrachte so den ganzen Vormittag. Ich wollte kein TV schauen oder Musik hören, einfach nur da liegen und ich atmete in jede Welle hinein, wie ich es zuvor im Kurs gelernt hatte. Ich musste mich auch zwei mal übergeben und hatte recht dünnen Stuhlgang (was ich aber gar nicht schlimm fand, denn so wusste ich, dass mein Darm gut geleert war und ich nicht noch einen Einlauf im Krankenhaus bekomme oder bei der Geburt etwas mit was raus kommt, worüber man sich ja doch vorher viele Gedanken macht). Irgendwann hat sich dann auch der Schleimpfropfen gelöst. 

Zwischendurch rief mein Mann dann nochmal im Krankenhaus an und schilderte noch einmal meine Lage. Die Schwester am Telefon sagte dann, dass wir uns so ca. in 2 Stunden auf den Weg machen sollten.  

Mein Mann bereitete alles vor und lief dann doch etwas aufgeregt in der Wohnung auf und ab. Er fragte mich, ob wir nicht langsam los wollen aber ich war noch nicht soweit und wollte immer noch weiter auf meinem Platz auf dem Sofa liegen bleiben. Meine Hebamme sagte mir zuvor, wenn die Wellen so stark werden, dass ich nicht mehr sprechen kann, dann sei es an der Zeit loszufahren. Ich konnte mir das im Vorwege so gar nicht vorstellen! Aber es kam zu diesem Punkt und dann nahm ich jede Wellenpause, um mich aufzusetzen, mir die Schuhe und Jacke anzuziehen und dann bin ich recht zügig das Treppenhaus runter zum Auto gelaufen und war sehr froh, dass ich keinen Nachbarn traf und wir los fuhren. (Ich glaube mein Mann war auch recht erleichtert als wir los kamen). 

Im Krankenhaus angekommen musste ich dann erstmal alleine rein und wartete vor dem Kreissaal, bis mich eine Hebamme in Empfang nahm. Es war zu diesem Zeitpunkt 14 Uhr am Neujahrstag. Sie untersuchte mich und sagte: „ Ihr Muttermund ist schon 5 cm. offen. Sie werden heute noch Eltern“. Und bei diesem Satz wurde mir klar, das ich jetzt aus der ganzen Sache nicht mehr raus komme und das jetzt durchziehen muss. Was ja eigentlich von Schwangerschaftsbeginn an klar ist, aber mir in diesem Moment nochmal richtig die Augen öffnete. 

Ich rief dann direkt meinen Mann an, der dann auch kurze Zeit später schon neben mir im Kreißsaal saß. Ich lag auf einer Liege und das CTG überwachte die ganze Zeit die Herztöne. Jede Welle war so stark und voller Kraft, dass ich mich krümmte und am Bettgeländer festhalten musste. 

Ich versuchte mir vorzustellen, das die Schmerzen ja eigentlich „nur“ von dem Zusammenziehen der Gebärmutter entstehen. Über jede Wellenpause war ich sehr froh und genoss diese Minuten sehr, um zu entspannen und neue Kraft zu tanken. Mein Mann saß die ganze Zeit neben mir und wir konnten uns in den Pausen unterhalten. Die Hebamme lies uns die meiste Zeit alleine und kam nur ab und an mal rein, um die Werte zu überprüfen. Ich nahm es als sehr angenehm wahr, dass mein Mann und ich die meiste Zeit alleine im Kreißsaal waren und so die Zeit gut überstanden haben. 

Irgendwann merkt ich, dass ich bei jeder Welle den Drang verspürte schon mit zu pressen, weil der Druck immer stärker wurde. Ich fragte meine Hebamme, ob es denn schon soweit sei und sie sagte, dass es nicht mehr lange dauern wird und wenn ich das Bedürfnis habe zu pressen dann sollte ich dem nachgeben. 

Nun war mir Bewusst, dass ich in der letzten Phase der Geburt steckte und irgendwie freute ich mich, auch wenn ich das nicht nach Außen zeigen konnte. In dieser Phase platzte auch erst meine Fruchtblase. Die Hebamme fragte mich irgendwann, ob ich mal selber fühlen wollte, man könne schon seinen Kopf tasten. Aber ich verneinte. Warum weiß ich nicht mehr aber in dem Moment war mir nicht danach. Der Druck der in der Scheide in der letzten Phase entsteht, wenn das Baby kurz davor ist zu kommen, ist kaum in Worte zu fassen. So eine immense Kraft, die im Körper entsteht und die man als Frau durchleben darf ist faszinierend, schmerzerfüllend und ein Wunder zugleich. Um 18:38Uhr am Neujahrsabend war es dann soweit. 

Unser kleiner Leon erblickt das Licht der Welt. Er wurde mir direkt auf die Brust gelegt und schaute mir mit seinen Augen direkt mitten in mein Herz an.  Ich hatte nur einen einzigen Gedanken: „ Ich habe es geschafft“! 

Nach ca. 15 Min. wurde dann auch die Plazenta mit einem kurzen schmerzhaften Stoß geboren. Die Hebamme hielt sie kurz hoch, um sie uns zu zeigen und dann durfte mein Mann auch die auspulsierte Nabelschnur durchtrennen.  Leon fing dann auch recht schnell an, nach meiner Brust zu suchen und mein Gedanke war immer noch: „ Ich habe es geschafft“. Was ich dann auch immer wieder laut zu meinem Mann sagte.  

Ich hatte einen Damm-und einen Scheidenriss. Was ich aber überhaupt nicht während der Geburt gespürt hatte. Die Frauenärztin, die am Ende der Geburt dazu gekommen war gab sich sehr viel Mühle beim vernähen und dann waren mein Mann und ich noch bis ca. 22Uhr gemeinsam im Kreißsaal und genossen unsere erste Zeit zu dritt.