Mirjana, GBV 3. Kind

Liebe Marlen,
heute vor vier Wochen ist unser Soh zur Welt gekommen. Wir hatten einen wunderschönen gemeinsamen Start und es geht uns allen sehr gut.
Ich danke Dir sehr für Deinen Geburtsvorbereitungskurs. Ich war selbst erstaunt, wie viel ich unter der Geburt daraus anwenden konnte. Es war ungemein hilfreich, vor meiner dritten Geburt noch einmal einen Kurs, Deinen Kurs zu besuchen und es war tatsächlich eine selbstbestimmte Geburt, obgleich sie zum Ende hin eine unvorhergesehene Wendung genommen hat.
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag bin ich um 0.40 Uhr aufgewacht, weil ich einen Blasensprung hatte, nachdem ich schon die Tage zuvor immer sicherer war, dass es ganz bald losgehen würde. Am Dienstag davor hat meine Gynäkologin bei der Vorsorgeuntersuchung festgestellt, dass mein Muttermund bereits einen cm geöffnet ist und am Dienstagabend hat sich der Schleimpfropf gelöst.
Da die Fruchtblase genau 24 Stunden vor Beginn der Rufbereitschaft der Hebammen im Geburtshaus gesprungen ist, wusste ich, dass ich wohl entgegen meiner Planung nicht im Geburtshaus würde entbinden können. Dass man überall eine schöne Geburt erleben kann, hast Du im Geburtsvorbereitungskurs gesagt und so hatte ich mir vorgenommen, mich auf alle unvorhergesehenen Umstände einzulassen und war entschlossen, mich nicht darüber zu grämen, sondern es mir im Krankenhaus schön zu machen.
Wellen haben nicht sofort mit dem Blasensprung eingesetzt. Während mein Mann die letzten Sachen für die Geburt zusammengepackt und einen Mietwagen bestellt hat, habe ich Deine Selbsthypnose zweimal angehört, um meine Aufregung zu lindern. Ich bin dadurch und durch die von Dir erlernte Ruheatmung sehr ruhig geworden. Einschlafen konnten wir beide dennoch nicht wieder.
Ab etwa 3.20 Uhr habe ich regelmäßige Wellen gespürt. Da die Wellen noch sehr sanft waren, war ich mir nicht sicher, ob es noch zu früh ist, um in die Klinik zu fahren. Aber nach der sehr schnellen Geburt meines zweiten Kindes wollten wir nichts riskieren und haben meine Mutter angerufen, die für die Betreuung der beiden Großen bestellt war und uns nach deren Eintreffen auf den Weg ins AK Altona gemacht.
Dort gegen 04.30 Uhr angekommen, wurde ich untersucht und mein Muttermund auf 3 cm gemessen. Wir wurden zunächst in einen Kreissaal ohne Badewanne geführt. Auf Deine Ermutigung hin habe ich gefragt, ob ein Kreissaal mit Badewanne frei wäre. Die mich betreuende Hebamme hat daraufhin ohne zu Zögern einen anderen Kreissaal organisiert und dafür gesorgt, dass dort die Badewanne für mich eingelassen wird, während bei mir ein CTG geschrieben worden ist.
Damit die Hebamme mich einschätzen kann, habe ich ihr kurz erzählt, dass ich eigentlich im Geburtshaus entbinden wollte und daher gerne möglichst auf Schmerzmittel verzichten würde, wenn solche nicht unbedingt nötig werden.
Das warme Wasser der Badewanne tat unheimlich gut – ganz anders als bei der Geburt meiner Tochter, bei der ich sofort aus der Badewanne geflüchtet bin, weil ich es als so unangenehm empfunden habe.
Mit der Hebamme haben wir besprochen, dass sie vorerst nur zu uns kommen muss, wenn wir sie rufen. In den Wellenpausen habe ich mich bewusst entspannt und bin sogar immer wieder kurz eingeschlafen. Diese Phase der Geburt habe ich in schöner Erinnerung – das Zimmer mit dem gedimmten, rötlichen Licht und die Ruhe im Kreissaal.
Nach etwa einer Stunde, gegen 7 Uhr, hat sich irgendetwas verändert und ich musste daran denken, dass genau das Deine Worte waren, mit denen Du die Übergangsphase beschrieben hast. Die Wellen waren unangenehmer und mir war immer wieder übel. Die Pausen habe ich weiterhin genutzt, um mich zu entspannen. Die Hebamme hat mich daraufhin nochmals untersucht und festgestellt, dass der Muttermund inzwischen bei 6 cm lag und meine Übelkeit zu dieser Phase passen würde. Ich habe mich an dem Gedanken festgehalten, dass diese Phase nicht lang dauern wird und gegenüber der Hebamme geäußert, dass ich diese Art von Wellen sicher nicht mehrere Stunden aushalten kann.
Gegen 7.45 Uhr war mein Muttermund vollständig geöffnet und ich – immer noch in der Badewanne – habe schon den Drang zu pressen verspürt. Die Hebamme und ich haben etwas scherzhaft besprochen, dass das Baby mit den nächsten Wellen kommen und die Geburt bis zu ihrem Schichtende um 8.00 Uhr abgeschlossen sein sollte. Tatsächlich hat sie mich außerdem gefragt, ob ich etwas dadegen hätte, wenn ein Feuerwehrmann zu Ausbildungszwecken der Geburt ab jetzt beiwohnt. Ich habe erwidert, dass ich gern ohne Feuerwehrmann im Raum entbinden würde. Darüber bin ich froh.
Zunächst habe ich dann versucht, mein Baby herauszuatmen. Aber das ist nicht geglückt. Es folgte eine 75 minütige Pressphase, in der ich alle möglichen Positionen ausprobiert habe.
Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass David sich nicht richtig, sondern als Sterngucker ins Becken gedreht und zudem den Kopf in den Nacken gelegt hat, weshalb er immer wieder gegen meine Symphyse gestoßen ist und es ihm erschwert war,  unter den Schambeinknochen hindurchzutauchen. Außerdem war die Nabelschnur so kurz, dass die ihn wohl immer wieder aus dem tiefen Becken gezogen hat.
In diesen letzten 75 Minuten hat ein Hebammenwechsel stattgefunden. Beide Hebammen und auch die später hinzugezogene Ärztin meinten, ich solle kräftiger und länger pressen. Nachdem ich immer wieder mit aller Kraft versucht hatte, mein Baby herauszupressen, ließ meine Kraft mehr und mehr nach. Dafür haben Verzweiflung und Flüche meinerseits zugenommen und ich bin an den Punkt gekommen, an dem ich vorgeschlagen habe, das Baby durch einen Kaiserschnitt zu holen. Da die Herztöne vom Kleinen die ganze Zeit über stabil waren und mich das Krankenhauspersonal offenbar gut einschätzen konnte, haben die meinen kurzzeitigen Wunsch zum Glück nicht Ernst genommen. Vielmehr wurde mir vorgeschlagen, noch fünf Wehen ohne Hilfsmittel auszuprobieren und dann ggf. eine Saugglocke einzusetzen. Ich habe die Belegschaft auf zwei Wellen ohne Hilfsmittel runtergehandelt und so ist David schlussendlich um kurz vo 9 Uhr mit Hilfe einer Saugglocke, die bei zwei letzten kräftigen Wehen eingesetzt worden ist, zur Welt gekommen.
Mit dem Verlauf der Geburt habe ich dennoch zu keinem Zeitpunkt gehadert. Ich bin mir fast sicher, dass ich die Geburt nicht ohne Hilfsmittel geschafft hätte. Daher bin ich dankbar, dass es Mittel wie die Saugglocke gibt, die in diesem Fall genau ihren Zweck erfüllt und andere Maßnahmen verhindert hat. Außerdem war deren Einsatz mit mir abgesprochen und daher habe ich die Geburt bis zum Schluss als selbstbestimmt erlebt.
Ich hoffe, Du hattest einen guten Start ins neue Jahr und freue mich, Dich bei der Rückbildung wiederzusehen.
Viele liebe Grüße